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"Sei doch nicht so eifersüchtig!"

Ein Spruch, den unser Alt-68’er immer dann auf den Lippen hat, wenn ihm mal keine Worte einfallen, seine Heldentaten zu beschreiben. Aber ihr kennt mich ja. Ich muss alles hinterfragen. Also auch dieses.

Ein landläufiges Sprichwort sagt: Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Verdrehte Worte, aber sind sie auch weise? Oder sollen sie nur eine gewisse Situation schaffen, die uns so schön für Moral verkauft wird, damit unsere Gesellschaft Ruhe bewahrt?

Stellen wir uns mal folgendes vor: Zwei (nennen wir sie mal) Kinder (weil an Kindern Erziehung immer so schön deutlich wird) bekommen ein Geschenk. Eines eine Puppe und eines ein Auto. Dabei ist es absolut irrelevant, ob eines der Kinder Bub oder Mädel ist. Das würde ein Vorurteil heraufbeschwören, das mit unserer eigentlichen Argumentationskette nichts zu tun hat. Fakt ist: Sie bekommen ein unterschiedliches Geschenk. Sie sehen es. Sie fühlen es. Sie merken es. Und weil sie zu ihren Gefühlen auch noch ein gewisses Maß an Intelligenz besitzen, fragen sie sich, warum das so ist. Aber wehe, eines der Kinder macht den Mund auf und stellt diese Frage an seine Umgebung. Die Antwort desjenigen Kindes, das den Mut hat, die Tatsache zu hinterfragen, bekommt zu hören: „Sei doch nicht so eifersüchtig!“

Szenenwechsel: Ein Kind spielt auf dem Boden mit einem Auto. Ein anderes schaut zu. Möchte auch mit dem Auto spielen, doch das andere Kind grenzt es aus seinem Spiel aus. Da kommt garantiert ein Erwachsener daher und bemerkt gegenüber dem traurigen Kind: „Sei doch nicht so eifersüchtig!“

Gleiche Szene, anderer Erwachsener, der meint, er (oder sie) müsse in die Szene eingreifen und dem einen Kind das Auto wegnehmen, damit das andere damit spielen kann. Ersteres bemerkt seinen Verlust, wird wütend und brüllt. Als Antwort darauf bekommt es zu hören: „Sei doch nicht so eifersüchtig!“

Drei Szenen mit wesentlichen Erkenntnissen. Wir haben immer eine Situation, in der es keine Gleichheit gibt. So ist das Leben. Wir haben das Wissen, dass Ungleichheit Leid erzeugen kann. So sind die Menschen. Wir haben auch immer eine Person, die uns einreden möchte, Gleichheit ist wichtig und vorhanden. So ist der Alt-68’er. Wir haben immer die Erkenntnis von den betroffenen Personen, dass dies ein schöner Traum ist, weil die Realität anders aussieht. Und manchmal haben wir Personen, die vielleicht auch den Mut aufbringen, die Abwesenheit der Gleichheit gegenüber ihrer Umwelt mit ihren Mitteln kund zu tun, wenn das Leid zu stark wird. Wir haben dann sofort die Situation, dass diese eigentlichen „Opfer der Ungleichheit“ moralisch in eine Pfui-Ecke gesteckt werden mit dem Spruch: „Sei doch nicht so eifersüchtig!“ – meist noch von denen, die die Ungleichheit heraufbeschworen haben und die doch Gleichheit über alles stellen. Erklär mir das einer?

Welcher Ausweg bleibt einer Person, die so eine Abhängigkeit, Ausweglosigkeit und zudem noch die moralische Schuld an der Situation aufs Auge gedrückt bekommt, nur weil es Menschen gibt, die ihr Fehlverhalten als angemessen und gerechtfertigt betrachten. Na, dann lieber gar keine Geschenke. Oder besser: Keine Erziehung. Besser, als denen in die Hände zu spielen, die Verantwortung missbrauchen um eigenen, fehlerbehafteten Vorstellungen als universelle Moral zu indoktrinieren.

Mein Rat an all die, die als „eifersüchtig“ bezeichnet werden: Schreit eure Wut über diese Ungerechtigkeit ruhig hinaus in die Welt. Wenn ihr die Klappe haltet, werden auch die euch nicht hören, die über das Verhalten der Repressoren einst richten werden.

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