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Glücksbilanz
Da diskutieren sie wieder. Die Fernsehphilosophen mit Vertretern des deutschen Buchhandels. Ach, es geht um Glück? Ich dachte, es geht um Zufriedenheit. Die Dauerhaftigkeit eines guten Zustandes? Dauerhaft? Statisch? Wie langweilig. Für mich ist Glück dynamisch. Ja, die Dynamik an sich. Nicht das Verlullen und Verlallen in einem phlegmatischen Zustand. Für mich ist Glück das Schaffen, die Kreativität, die Veränderung.
Da widerspreche ich Hegel: Das Ganze ist das Wahre. Das mag vor 200 Jahren gegolten haben. Doch heute? Bei diesen ganzen Trümmern um uns herum? Wo findet sich da noch etwas Ganzes? Wollen wir das Glück finden, müssen wir lernen, die Bruchstücke zusammenzusetzen. Glücklich ist der, der darin ein Bild erkennt, das ihm entspricht.
Die Simplen unter uns reduzieren das Glück auf den Moment. Und sie wundern sich, warum es nur einen Augenblick dauert. Die Flüchtigkeit herbeigedacht. Ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Auch die Hilfskonstruktionen „Liebe“ und „Sinn“ verlieren damit an Bedeutung. Übrig bleibt nur ein armseliges Fragezeichen.
Wir sollten hinterfragen, wann haben wir Glück, und wann Unglück. Wenn uns ein Felsblock auf den Kopf fällt, haben wir kein Glück – also Unglück. Wenn der Felsblock neben uns auftrifft, haben wir zweifelsohne Glück gehabt. Also doch: Glück ist nur ein unbeschädigtes Davonkommen? Wenn wir im Leben einen Menschen treffen, der uns viel bedeutet und der uns auch registriert, haben wir dann Glück oder Unglück? Bereitet uns das Gegenüber Freude, nennen wir es Glück. Bereitet uns das Gegenüber Leid, nennen wir es Unglück. In Wirklichkeit ist es nur Freude oder Leid. Das Treffen an sich könnte man höchstens als „Glück“ bezeichnen.
Wenn das Leben die erste Ableitung des Menschen ist, ist Glück die Zweite. Eine Impulsänderung. Beschleunigung oder Verzögerung des Verstandes. Oder wie Statistiker sagen: Wenn du keine positive Bilanz hast, bilde so lange Ableitungen, bis der Graph nach oben zeigt. Mit der „Liebe“ als Hilfsgröße gesprochen: Wenn du in deinem Leben nie Liebe erfahren hast (- 10) setze deine Randbedingung so, dass sie dir auch nichts bedeutet (Bewertungsfaktor (- 10)). Bei einer Multiplikation ergibt sich (+ 100). Also bist du der glücklichste Mensch auf Erden.
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