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Was die Politik falsch macht ...

Tja, um dieses Dilemma auf den Punkt zu bringen, braucht es mehr als einen Hasch-Tag oder 280 Zeichen. Irgendwie passen Volk und Politiker heutzutage nicht mehr zusammen. Das scheint die Berliner Echokammer langsam zu begreifen. Doch woher rührt diese Politikerverdrossenheit?

1. Repräsentative Demokratie
Ich kenne diesen Begriff eigentlich nur aus der repräsentativen Monarchie. Da haben Königs nichts mehr zu sagen, dürfen aber lieb winken. Fragt mal Tante Lisbeth. So ähnlich sieht es doch auch bei unseren Politikern aus. Wenn jemand repräsentiert wird, dann Banken, Industrieverbände, …. und aus dem Winken ist ein Kopfnicken geworden. Böse Zungen behaupten auch, wie leben in einer Lobbykratur. Mich als Bürger und Steuerzahler repräsentiert doch schon lange niemand mehr in Berlin.

2. Vernetzung vor Verstand
Wie werden schon in den Ortsvereinen die Posten besetzt? Nach Fachwissen und Kompetenz? Oder doch eher nach Vereinsmeierei, Bekanntheit und Verwandtschaft? Die Basis spült dann den Schlamm nach oben. Die Pumpen der Satzungen werden abgerundet mit den Ventilen der Deals. Geb ich dir deinen Kandidaten, gibst du mir meinen Kandidaten. Da darf sich niemand wundern, dass externe Beratungsunternehmen so großen Zulauf genießen.

3. Intrigantenstadl
Hast du es erstmal auf ein Pöstchen geschafft und dich mit Macht ausgestattet, wäre es in unserer Gesellschaft sträflich, diese aufzugeben. Also bildest du Seilschaften. Wer gegen wen ist heutzutage wichtiger als was für wen. Nur wenn es darum geht, die eigenen Pfründen zu sichern, braucht man keinen Konsens mehr. Da herrscht plötzlich Einstimmigkeit - auch ohne Koalitionszwang.

4. Verkrustete Strukturen
Man könnte meinen, in unserem Land gibt es neben den historischen Fürstentümern (Bundesländer) nur noch die etablierten Parallelgesellschaften (Justiz, Polizei, Medizin, Bildung, Medien, Industrie, Mittelstand, …). Ausgestattet mit eigenen Gesetzen, Richtlinien und einer eigenen Sprache. Erstere widersprechen sich gerne auf den Management-Ebenen wie Gemeinde, Kreis, Bezirk, Bundesland, Land, Europa und letztere sorgt dafür, dass der eine den anderen nicht mehr versteht. Dabei sind wir im Jahr 2018. Die Welt ist enger geworden. Aber die politischen Wege unübersichtlicher.

5. Verschlafene Digitalisierung
Mit neu verlegten Kabeln in Ballungsräumen ist es leider nicht getan. Just diese Technologie fördert ein Mehrklassensystem, aus dem es kein Entkommen gibt. Von Strategie keine Spur. Infrastruktur, Datenschutz, gesellschaftliche Auswirkungen und neue Arbeitsformen fallen hinten runter wie der User auf dem Land.

6. Phrasendreschmaschinen
Ich möchte die Fima kennenlernen, die diese Geräte nach Berlin geliefert hat. Offensichtlich sind sie bei allen Parteien noch nicht abbezahlt, so oft, wie sie genutzt werden. Egal, welches Parteibuch, konkrete Lösungsvorschläge werden vermieden. Neues wird nicht bedacht, aber Altes gerne beibehalten. Sinnvoll oder nicht. Schlagworte wie Gerechtigkeit oder Glaubwürdigkeit sind zu hohlen Begriffen verkommen, die niemand mit Sinn füllen will. Ein sehr durchsichtiges Spiel. Der Wähler ist nur nicht so dumm, für wie er gehalten wird.

7. Am realen Leben vorbei
Wissen die Damen, Herren und *en Politiker eigentlich, mit welchen alltäglichen Problemen sich ihre Bürger herumschlagen müssen? Haben sie eine Ahnung davon, wie die Einkommensstrukturen in welchem Lebensalter ausschlaggebend für welche Zukunft stehen? Kennen sie die kleinen Ungerechtigkeiten, mit denen sie die Menschen auf Trab halten? Hören sie Anderen zu? Die aktuelle Gesetzgebung scheint dem zu wiedersprechen, aber leider wird aus Quantität nicht Qualität. Jeder denkt nur in seinem Ressort und hält sein Herumdoktoren an Symptomen für die Lösung des Problems.

8. Spaltpilz
Alt gegen jung, gesund gegen krank, Frauen gegen Männer, Einheimische gegen Asylbewerber, Arbeitnehmer gegen Arbeitgeber, Autofahrer gegen Automobilhersteller, … so oft uns diese Paarungen begegnen, sie scheinen zu wirken. Dabei ist der Hintergrund doch sehr viel einfacher: Reich gegen arm. Jahrzehntelange Umverteilung von unten nach oben hat die Schere in der Gesellschaft immer mehr geöffnet. Aber unsere Politiker stehen mit großen Augen da und wundern sich, warum in unserem schönen Land, in dem es sich (für sie) doch so gut und gerne lebt, die Menschen jeden Tag mit Existenzangst kämpfen. Wer Stress hat, denkt nicht langfristig. Vielleicht noch bis zur nächsten Wahl, was für euch durchaus ausreicht. Und dann am liebsten in Denkzetteln, was für euch unangenehm ist.

9. Um sich selbst kreisend
Unsere politischen Biotope (Parteien) vollführen gerade ein Exempel par Excellence, wie man sich lästige Kritik vom Hals hält: Klausur. Da denken dann die darüber nach, die etwas falsch gemacht haben, wie man es richtig macht. Wollt ihr mich verarschen? In ein abgeschlossenes System kommt nichts Neues hinein. Wo sollen dann neue Lösungen herkommen? Wartet ihr auf eure Alpträume, um dann so reagieren zu können, dass sich für euch nichts ändert? Überlegt ihr krampfhaft, wie man uns zum xten Mal alten Wein in neuen Schläuchen andreht?

10. Produktivitätssteigerung
Ein System, das mir erklärt, die Ausbeutung von Menschen und Natur sei gut für das Bruttosozialprodukt, hat die Volkswirtschaft nicht verstanden. Energie z.B. wird nicht produziert, sie wird nur umgewandelt. Schweine, Kartoffeln oder Trinkwasser im Übrigen auch nicht. Wir haben nur begrenzte Ressourcen. Unendliches Wachstum bietet nur der Krebs. Und auch da ist ganz schnell Ende Gelände. Es hilft auch keine Drohung mit Arbeitsplätzen, die letzten Endes eure Diäten bezahlen. Hungern dürfen andere. Wir befinden uns nicht mehr in der industriellen Revolution. Eine Gesellschaft entwickelt sich nicht, wenn man ihr die Substanz entzieht.

11. Wahlkampfgetöse
Eine absolute Unsitte sind die Talkshows, in denen sich manche Politiker scheinbar schon häuslich eingerichtet haben. Nein, da diskutiert ihr auch nur untereinander. Ausgewählte Kreise lassen die Zuschauer glauben, sie könnten mitreden. Placebo für’s Volk. So funktioniert höchstens Wahlwerbung, wenn gerade keine Wahlen anstehen. Vor den Wahlen darf jeder seinen Senf in Kandidatenduellen dazugeben. Nach den Wahlen in den Elefantenrunden. Der Verfassung sei Dank, haben wir hier so viele Wahlen. Also braucht man nicht vier Jahre am Stück konsistente Lösungen liefern. Vielleicht nicht Mal vier Monate. Von Wahl zu Wahl, lautet die Devise. Hauptsache, der eigene Sessel bleibt warm.

12. Fehlende Visionen
Stell dir vor, wir losen jede Legislaturperiode eine entsprechende Anzahl von Abgeordneten aus, die dann vier Jahre regieren und nur dafür entsprechend bezahlt und Rentenanwartschaften erwerben und die dann wieder an ihre eigentliche Arbeit gehen. Stell dir vor es gäbe ein nicht besteuerungsfähiges Grundeinkommen, das so liegt, damit es für jeden zum Leben reicht. Stell dir vor, die, deren Einkommen darüber liegt, erkennen ihre gesellschaftliche Verpflichtung und zahlen ehrlich ihre Steuern. Stell dir vor, Vermögen verpflichtet wirklich. Stell dir vor, dass lebensnotwendige Infrastrukturen und Nahrungsmittel keine Spekulationsobjekte sind. Stell dir vor, dass Wohnen tatsächlich ein im Grundgesetz verankertes Recht ist und nicht „nur“ ein Menschenrecht. Stell dir vor, es gäbe eine einheitlich gute Bildung und nicht nur unterschiedlich gute Kitas. Stell dir vor, die Ausbeutung der Natur würde in die Produktionskosten eingepreist. Stell dir vor, Banken verwalten Gelder und verzocken sie nicht. Stell dir vor, es gäbe keine Arbeitnehmer mehr, nur noch Dienstleister, die keiner Firmenleitung mehr etwas wegnehmen, sondern ihr Können für ein gerechtes Entgelt zur Verfügung stellen. Stell dir vor, es gäbe Politiker, die auch Mal was tun, anstatt nur darüber zu reden. Stell dir vor, wir bauen an Utopia. Stell dir vor, wir bauen eine gerechte und ehrliche Gesellschaft.

Zum Kopfschütteln über den jetzigen Status eignet sich hervorragen die Parlamentsdokumentation des Bundestages (leider keine Satire!).

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